"Selbstständigkeit"
Ein bedeutendes Wort. Bedeutend für die Person, die sich dafür entscheidet. Mir fiel diese Entscheidung nicht besonders schwer. Doch was diese Selbstständigkeit eigentlich heißt und welcher Rattenschwanz daran hängt, wurde mir erst klar, als ich mich damit genauer beschäftigte und darüber recherchierte. Ich stellte mir es wirklich einfach und unkompliziert vor und schob irgendwie alles ein wenig vor mir her. Mein Freund, obwohl passender hier eigentlich mein Motivator hingehört, machte mir eines späten Abends ein ordentlich schlechtes Gewissen deswegen (was ich in dem Moment natürlich niemals zugegeben hätte). Um es ihm und irgendwie auch mir zu beweisen, fing ich noch in derselben Nacht an, mir alles Wissenswerte über meine anstehende Selbstständigkeit als Hebamme anzueignen.
Fachchinesisch
IK-Zeichen, Hebammenverband, Krankenkasse, Auto, Versicherung, Rechtsschutz, Website, Praxis, Handy, Abrechnung, Steuerberater, Buchhaltung, Gesundheitsamt, Rente, Kursangebote….
Die "wichtigen Dinge, wenn du dich selbstständig machst" wurden mehr und mehr. Mir wurde klar, dass es doch nicht so unkompliziert geht, wie gedacht. Doch als ich endlich anfing längst überfällige Telefonate und Gespräche zu führen, mir Büromaterialien und ein Auto (ein Caddy musste es sein, der Motivator ist nämlich auch Heimwerker) zulegte, ging alles in einem Guss über.
Das IK-Zeichen - schnell erledigt, ein Brief an die Arbeitsgemeinschaft für Institutionskennzeichen, 3 Wochen später lagen die 9 Ziffern vor mir und ich hätte theoretisch Rechnungen von den Krankenkassen bezahlt bekommen.
Hebammenverband - schnell erledigt, 2 sind mir bekannt, DHV (Deutsche Hebammenverband) und BfHD (Bund für Hebammen in Deutschland), das Bauchgefühl hat entschieden --> DHV hat gewonnen
Das schöne hierbei ist, dass Haftpflichtversicherung und Rechtschutz damit auch geklärt wurden, denn das geht alles über den Verband.
Krankenkasse - schnell erledigt, Gespräch mit einem freundlichen Bürohengst und ZACK mir fiel das erste Mal die Kinnlade nach unten… "freiwillig gesetzlich" bin ich nun versichert und freiwillig heißt ab heute blechen.
Website - der Motivator in seinem Element
Steuererklärung und Buchhaltung - totales Gruselthema für mich, von Anderen der Job… und genau die erledigen das nun für mich
Rentenversicherung - als Hebamme hat man das "Privileg" Pflichtmitglied zu sein. Da man 3 Monate Zeit hat sich darum zu kümmern, schob mein altes Ich das erstmal wieder beiseite…. Zu viele unverständliche Worte auf einmal.
Abrechnung - schnell erledigt, eine kunterbunt-runde Freundin gab mir einen Tipp. Auf sie ist Verlass. Hallo HebOffice!
Gesundheitsamt - unglaublich schnell erledigt - so ein kurzes Gespräch hatte ich das letzte Mal, als meine Mutter mich in meiner Pubertät fragte, wie es mir geht.
Mit der Zeit stapelten sich Ideen, Vorstellungen und Ängste in meinem Kopf, aber auch rote Ordner, Briefe und Klebezettel auf meinem Schreibtisch. Ich nenne es Büro, der Motivator liebevoll Chaos. Mein Vertrauen in das Vorhaben stieg, umso mehr kleine Haken hinter meinen Notizen auftauchten, doch die größte Herausforderung stand mir noch bevor:
Meine Kündigung.
27 Monate der gleiche liebgewonnene Arbeitsplatz… fremde Frauen, welche zu geschätzten Kollegen und die Sekretärin sogar zur "Arbeits-Mama" wurden. So sehr ich mich auch auf die kommende Zeit freute, der Gedanke die geliebte Routine und Sicherheit zu verlassen, ließ mich die ein oder andere Nacht schlecht schlafen.
"Auch unangenehme Situationen gehören zum Leben"… danke für diesen weisen Kommentar, Herr Motivator.
Fakt ist, dass ich in den 27 Monaten zu einer Hebamme geworden bin. 3 Jahre Ausbildung haben das nicht hinbekommen.
Laut Wikipedia sind Selbstständige definiert als Personen, die alleinige oder gemeinsame Eigentümer eines Unternehmens ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind, in dem sie arbeiten.
Verstanden?
Ich finde es ist viel mehr als das!
Weitere nützliche Infos für euch: Selbstständig.de | Fuer-Gruender.de | Jimdo Gründergeschichten
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